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Wir stehen auf ihren Schultern

Wir stehen auf ihren Schultern

Im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) liegt der Anteil von Frauen am gesamten FuE-Personal (wissenschaftliches, technisches und sonstiges Personal) bei ca. 27 %. Bei den Forschenden liegt der Frauenanteil lediglich bei ca. 23 %.
Deutliche Unterschiede bestehen zwischen den Sektoren. So lag 2017 der Frauenanteil am gesamten FuE-Personal in den Hochschulen bei fast 43 %,
im Staatssektor bei ca. 41 % und im Wirtschaftssektor nur bei ca. 19 % (Bundesbericht Forschung und Innovation, 2020 | PDF).


Die Sichtbarkeit der Leistungen von Frauen hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, ist aber leider immer noch nicht zufriedenstellend. Unser Anliegen dieser Aktion ist es, die Leistungen unserer Mitstreiterinnen, Vorreiterinnen, Vorkämpferinnen usw. anzuerkennen – wissend, dass wir auf ihren SCHULTERN STEHEN und niemand von uns das Patentrezept für „den richtigen“ Feminismus erfunden hat. Denn nur GEMEINSAM können wir für eine bessere Welt und ein besseres Dasein für Frauen und Mädchen kämpfen und streiten.

Wir als Verein Fraueninitiative Courage wollen dazu beitragen, dass sich daran was ändert und stellen dir auf dieser Seite einige der Frauen vor, auf deren SCHULTERN WIR STEHEN.

(Diese Seite wird nach und nach mit weiteren Kurzbiografien angereichert.)

Gern möchten wir auch von dir erfahren,
auf wessen Schultern du stehst?

Hope Bridges Adams-Lehmann | Jane Addam (Jane Laura Adams) | Chantal Akerman | Masih Alinejad | Maya Angelou | Alice Austen | May Ayim | Liddy Bacroff | Laura Bassi | Gioconda Belli | Minna Bollmann | Louise Bourgeois | Laura Brigdman | Rosa Genoni | Zaha Hadid | Norah Hantzsch alias Sookee | Concordia Hartmann | Katharina Heise | Siri Hustvedt | Hilma af Klint | Hedwig Krüger | Erna Lauenburger | Edmonia Lewis | Maryam Mirzakhani | Anja Niedringhaus | Helene Nonné-Schmidt | Katharina von Oheimb | Annette Otterstedt | Luise F. Pusch | Maria Reiche | Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray | Nikki de Saint Phalle | Eva Schulze-Knabe | Betye Irene Saar | Elke Schilling | Franziska Schutzbach | Amrita Sher-Gil | Huda Shaarawi | Ethel Smyth | Christina Thürmer-Rohr | Lydia Wahlström | Berta Waterstradt | Liselotte Welskopf-Henrich

Hope Bridges Adams-Lehmann

🎂 geboren: 17. Dezember 1855 in Halliford, Großbritannien
🪦 gestorben: 10. Oktober 1916 in München

Mit 17 Jahren kam Hope Bridges Adams-Lehmann nach Deutschland und trotz aller Widerstände schloss sie im Jahr 1880 als erste Frau in Deutschland ihr Medizinstudium ab, gegen den Willen ihrer Professoren, Kommilitonen und anderer. Entschlossen und mutig setzte sie ihren Weg fort und begann ihre medizinische Karriere in der Praxis ihres ersten Mannes, Otto Walther. Nicht zufrieden mit konventionellen Rollenbildern, wagte sie später, gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Dr. Carl Lehmann, den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete eine eigene Praxis in München. Ihr Engagement beschränkte sich nicht nur auf die medizinische Praxis, sondern erstreckte sich auch auf politische und gesellschaftliche Felder. Als überzeugte Sozialdemokratin pflegte sie Kontakte zu Frauenbewegungen. In ihrer Rolle als Ärztin und Aktivistin schrieb sie zudem medizinische Bücher, die speziell auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten waren. Ihr Lebensweg und ihre Errungenschaften stehen als Zeugnis für ihren Pioniergeist und ihre Hartnäckigkeit, die die Grenzen traditioneller Geschlechterrollen in der Medizin und der Gesellschaft insgesamt herausforderten.

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Jane Addam (Jane Laura Adams)

Jane Addams, gezeichnet von Franziska Scholz
Jane Addams, gezeichnet von Franziska Scholz

🎂 geboren: 6. September 1860 in Cedarville, Illinois
🪦 gestorben: 21. Mai 1935 in Chicago, Illinois

Jane Addams‘ Aufgabenfeld umfasste sehr viele Bereiche. Ihr Lebenswerk besteht unter anderem aus dem Hull House, in dem soziale Schichten aufgebrochen werden und benachteiligten Menschen Hilfe zur Selbsthilfe angeboten wurde. Außerdem war sie Mitbegründerin bzw Mitglied in einigen wichtigen frauenrechtlichen Organisationen: 1911 Mitbegründerin der National Foundation of Settlements and Neighborhood Centers, Mitbegründerin der American Civil Liberties Union und National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), Mitglied bei der American Anti-Imperialist League und der American Sociology Association.
Zeit ihres Lebens litt sie an chronischen Rückenschmerzen aufgrund einer problematischen Operation und sie starb an den Folgen einer Krebsoperation.
Sie lebte, obwohl es zu ihrer Zeit nicht erlaubt war, in einer von ihr stets betonten Ehe mit Mary Rozet Smith.

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Chantal Akerman

🎂 geboren: 6. Juni 1950 in Brüssel
🪦 gestorben: 5. Oktober 2015 in Paris

Als Tochter jüdischer Holocaustüberlebender wurde Chantal Akerman nicht nur von ihrer familiären Geschichte geprägt, sondern auch zu einer bemerkenswerten Persönlichkeit in der Filmindustrie. Sowohl als Regisseurin als auch als Drehbuchautorin fand sie ihren Platz und wagte es, in ihren eigenen Filmen auch vor der Kamera zu stehen. Ihre Werke zeichneten sich durch die künstlerische Auseinandersetzung mit bedeutenden gesellschaftlichen Themen aus, insbesondere Feminismus und Homosexualität.
Internationalen Erfolg erreichte sie mit ihrem Film „Jeanne Dielman“. Ihr Schaffen war jedoch nicht unumstritten, da sie stets einen eigenen, als „nicht massentauglich“ bezeichneten Stil pflegte. Diese Eigenständigkeit trug jedoch dazu bei, ihre Werke unverwechselbar zu machen und einen einzigartigen Beitrag zur Filmkunst zu leisten.

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Masih Alinejad

🎂 geboren: 11. September 1976 in Qomi Kola, Iran

In einem kleinen Dorf im Iran aufgewachsen, entwickelte Masih Alinejad schon früh ein lebhaftes Interesse an Politik. Ihre Berufung fand sie schließlich als Journalistin, wobei sie sich durch systemkritische Werke einen Namen machte. Unerschrocken deckte sie Korruptionsskandale auf und setzte sich vehement für die Freiheit im Iran ein.
Besonders engagierte sie sich für die Rechte der Frauen in ihrem Heimatland. Mit klaren Überzeugungen trat sie gegen das verpflichtende Tragen von Kopftüchern auf und kämpfte für die Freiheit, die Frauen im Iran verdienen. In diesem Kontext initiierte sie bedeutende Kampagnen wie „My Stealthy Freedom“ und „White Wednesday“. Ihre leidenschaftliche Arbeit als Journalistin und Aktivistin hat nicht nur dazu beigetragen, die Stimme der Unterdrückten zu erheben, sondern auch ein Bewusstsein für die Unterdrückung und Einschränkungen im Iran zu schaffen. Durch ihren Einsatz für Freiheit und Gleichberechtigung hat sie sich als eine wichtige Figur in der Bewegung für Frauenrechte und gesellschaftliche Veränderung im Iran etabliert.

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Maya Angelou (geb./née Marguerite Ann Johnson)

Maya Angelou, Linolschnitt von Heidekathrin Wittler
Maya Angelou, Linolschnitt von Heidekatrin Wittler

🎂 geboren: 4. April 1928 in St. Louis, Missouri
🪦 gestorben: 28. Mai 2014 in Winston-Salem, North Carolina

Maya Angelou war stark autobiographisch tätig und schrieb von ihrem Leben als schwarze Frau in einer rassistischen und misogynen Gesellschaft.
Sie hatte eine teils sehr traumatische Kindheit und gebar ihren Sohn mit 16. Da sie unbedingt mit ihm auf eigenen Beinen stehen wollte, nahm sie viele Jobs an. Sie wurde die erste afro-amerikanische Straßenbahnschaffnerin San Franciscos, sie kellnerte, arbeitete als Tänzerin, zeitweilig sogar Zuhälterin und Prostituierte. Nachdem sie als Tänzerin und Sängerin in Europa tourte, war sie zurück in den USA und zwischenzeitlich in Afrika zunehmend schriftstellerisch und aktivistisch tätig.

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Alice Austen (Elizabeth Alice Munn)

Alice Austen, gezeichnet von Kirsten Mengewein
Alice Austen, gezeichnet von Kirsten Mengewein

🎂 geboren: 17. März 1866
🪦 gestorben: 1952

Alice Austen war eine der ersten Fotografinnen der Welt.
Sie bekam schon früh eine Kamera von ihrem Onkel, die sie schnell meisterte, und über den Zeitraum ihres Lebens fertigte sie über 8.000 Fotografien an, von denen heute noch über 3.500 erhalten sind.
Sie befand sich in einer privilegierten Position – sie wuchs in Nachbarschaft mit den Roosevelts auf – , was ihr ermöglichte, sich den damaligen weiblichen Geschlechterrollen zu entziehen und ihrer Leidenschaft volle Aufmerksamkeit zu geben.
Sie arbeitete außerhalb eines Studios und war stark an dokumentarischer Fotografie interessiert, damals noch ein eher ungewöhnliches Feld.
Bis vor kurzen wurde bei der Interpretation ihres Werkes die intimen Beziehungen zwischen viktorianischen Frauen übersehen. Ihr nicht-traditioneller Lebensstil und der ihrer Freundinnen ist, obwohl für die private Betrachtung bestimmt, oft Thema auf den, von der Kritik am meist gefeierten, Fotografien.
Austen lebte 56 Jahre in einer hingebungsvollen Liebesbeziehung mit Gertrude Tate, 30 Jahre davon in dem Haus, welches heute das Alice Austen House Museum beherbergt.

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May Ayim (aufgewachsen unter dem Namen Sylvia Brigitte Gertrud Opitz)

Porträt May Ayim
May Ayim, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 3. Mai 1960 in Hamburg als Sylvia Andler
🪦 gestorben: 9. August in Berlin

Maya Ayim war Tochter von Ursula Andler und dem ghanaischen Medizinstudenten Emmanuel Ayim. Da ihr Vater sie nicht mit zurück nach Ghana nehmen durfte, wuchs sie zunächst 1,5 Jahre in einem Kinderheim auf, bevor sie von der Familie Opitz adoptiert wurde. Diese wollte sie mit Strenge zu einem Musterkind entgegen aller Vorurteile gegen Schwarze erziehen und lehnte ihr späteres Engagement in der „Black Community“ ab.
Sie schloss ein Studium der Pädagogik und Psychologie mit Diplom ab. Ihre Diplomarbeit über Afro-Deutsche wurde von ihrem Professor zunächst mit der Begründung abgelehnt, „Rassismus {gäbe} es im heutigen Deutschland nicht“, bis sie eine Prüferin in Berlin fand.
Seit sie in Berlin wohnte, fühlte sie sich weniger isoliert – zu ihrem Vater in Kenia konnte sie keine Beziehung mehr aufbauen, und in Ghana galt sie als „die Weiße“.
In „Farbe bekennen“ schrieb sie von dem ständigen Druck, mit ihrer Hautfarbe beweisen zu müssen, dass sie ein vollwertiger Mensch ist.
Sie erlitt aufgrund des emotionalen und ihres arbeitsbezogenen Drucks eine psychotische Krise, hielt sich zwei Mal in einer psychatrischen Klinik auf und wurde dort mit dem Verdacht auf multiple Sklerose konfrontiert. Am 9.8.1996 nahm sie sich selbst das Leben.

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Liddy Bacroff

🎂 geboren: 19. August 1908 in Ludwigshafen
🪦 gestorben: 6. Januar 1943 im KZ Gusen I, Mauthausen

Schon als Kind wurde der vermeintliche Junge aufgrund seiner als „mädchenhaft“ eingestuften Art als schwer erziehbar betrachtet. Liddy identifizierte sich nie mit ihrer männlichen Geschlechtsrolle, was ihren Weg durch das Leben mit Herausforderungen prägte. Mehrfach inhaftiert aufgrund von „widernatürlicher Unzucht“ und ähnlichem, fand sie im Gefängnis einen Ort, um ihre Gedanken und Gefühle in Texten über ihr eigenes Leben zu verarbeiten.

1929 wagte sie einen neuen Lebensabschnitt und zog erst nach Berlin und anschließend nach Hamburg. Dort fand sie sich in der Welt der Prostitution und Travestie-Shows wieder, und nahm den Namen Liddy Bacroff an. Im Jahr 1942 wurde sie in ein Konzentrationslager deportiert, wo sie letztendlich ermordet wurde. Ihr Leben, gezeichnet von Widerstand gegen gesellschaftliche Normen und persönlichen Herausforderungen, steht als Mahnmal für die Dringlichkeit, sich gegen Unterdrückung und Diskriminierung einzusetzen.

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Laura Bassi

Laura Bassi, gezeichnet von Kirsten Mengewein
Laura Bassi, gezeichnet von Kirsten Mengewein

🎂 geboren: 29. Oktober 1711 in Bologna
🪦 gestorben: 20. Februar 1778 in Bologna

Laura Bassi war das einzige lebende Kind ihrer Eltern. Sie lernte früh das Lesen und Schreiben, und interessierte sich für jedes ihr in den Schoß fallende Buch. Zusätzlich wird sie in Latein und Französisch unterrichtet.
Ihre Begabung zunächst geheim gehalten, war Laura Bassi später die erste Frau, die in die Akademie von Bologna aufgenommen wurde.
Mit zwölf schrieb sie fehlerfreie Texte in Französisch und Latein, woraufhin der Hausarzt sie in Metaphysik, Naturphilosophie, Logik und der Kunst der Disputation unterrichtet.
Ihrer ersten Disputation verdankt sie ihre Ehrenmitgleidschaft in der Bologneser Akademie. Sie erhält wenig später auch eine Promotion und eine Professur. Dabei galt jedoch zunächst ein „Vorlesungsverbot“, das sie allerdings bis zu dessen Aufhebung längst mit privaten und gut besuchten Referaten umgangen hat.
Ihr Wissen ist außerordentlich breit gefächert und sie profilierte sich als eine der angesehensten Experimentalphysiker:innen Italiens.
Mit 64 Jahren erlangte sie endlich eine Physikprofessur, jedoch starb sie zwei Jahre später an Herzversagen.

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Gioconda Belli

🎂 geboren: 9. Dezember 1948 in Managua, Nicaragua

Gioconda Belli, in einem katholischen Umfeld in Nicaragua aufgewachsen, brach bereits mit 20 Jahren mit den traditionellen Rollenbildern ihrer Zeit. Entschlossen, die Fesseln gesellschaftlicher Erwartungen abzuschütteln, begann sie zu arbeiten und setzte sich vehement für ihre eigenen Überzeugungen ein.

Ihre kritische Stimme gegenüber dem politischen Regime wurde schnell laut, und sie engagierte sich aktiv in politischen Diskussionen. Dabei setzte sie sich nicht nur gegen die Unterdrückung durch das System ein, sondern auch gegen die Auswirkungen von Armut und Ungleichheit. Ein zentrales Anliegen Bellis wurde dabei der Kampf für die Rechte der Frauen. Ihr Schreiben wurde zu einem kraftvollen Mittel, um ihre Gedanken und Ideale zu vermitteln. In Büchern über ihr eigenes Leben und Schaffen thematisierte sie nicht nur ihre persönlichen Erfahrungen, sondern auch die Bedeutung weiblicher Emanzipation und den Wunsch nach Befreiung von Rollenklischees. Belli wurde zu einer Vorreiterin, die den Weg für diejenigen ebnete, die sich gegen traditionelle Normen auflehnen und für eine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft eintreten wollen.

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Minna Bollmann (Minna Zacharias)

Porträt Minna Bollmann
Minna Bollmann, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 31. Januar 1876 in Halberstadt
🪦 gestorben: 9. Dezember 1935 ebenda

Minna Bollmann machte als Tochter eines Schneidermeisters, einer der Gründer der SPD in Halberstadt, selbst eine Schneiderinnenlehre und arbeitete bis zu ihrer Eheschließung mit dem Gastwirt Max Bollmann auch als Schneiderin in Berlin. Danach betrieb sie gemeinsam mit ihm das Lokal seiner Mutter, unter deren Aufsicht bereits die SPD Versammlungen dort abhielt. Dies setzte sich bei Minna fort.
Seit etwa 1900 engagierte sie sich in der Frauenarbeit der Partei und erlangte auch überregionale Bekanntheit. Während des I. Weltkrieges betreute sie das soziale Hilfswerk für Kriegerfrauen, Witwen und Waisen und war Bezirkspflegerin der Kriegsfürsorge.
Sie nahm weiterhin wichtige Positionen in der Partei ein und war ebenfalls Mitglied der Weimarer Nationalversammlung nach der Einführung des aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen und war damit eine der ersten Frauen im deutschen Nationalparlament. Sie wurde 1921 als Spitzenkandidatin der preßischen Landtagswahl für den Bezirk Magdeburg gewählt.
Ihr Lokal wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erneut illegaler Treffpunkt und infolgedessen auch überwacht.
Minna Bollmann litt wegen der Vorkommnisse unter Depressionen und fürchtete um ihr Leben, weswegen sie letztendlich Selbstmord beging.

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Louise Bourgeois

Porträt Louise Bourgeois
Louise Bourgeois, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 25. Dezember 1911 in Paris
🪦 gestorben: 31. Mai 2010 in New York City

Das nach außen hin freundliche und gut situierte Elternhaus ermöglichte Louise eine solide Schulbildung und die Möglichkeit, in der Werkstatt ihrer Eltern auszuhelfen und dabei das Handwerk der Restauration von Wandteppichen zu erlernen.
Ihr Vater war charmant, aber unzuverlässig und unterhielt mehrere Affären, worunter die gesamte Familie litt. Nach einem durch ihren Vater vereitelten Selbstmordversuch kurz nach dem Tod der Mutter, schrieb sich Louise an mehreren pariser Kunstschulen ein, wo ihr bildhauerisches Talent entdeckt wurde. Sie begann mit Holzstelen und ging später zu Gips und Latex über, aus denen sie organische Formen bildete, entgegengesetzt zum abstrakten und popartigen Zeitgeist.
Sie reiste regelmäßig nach Italien und arbeitete dort in Marmorbrüchen und Gießereien.
Nachdem ihr Mann gestorben war, setzte sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinander und veerarbeitete so ihre Trauer. Dadurch entstanden einige recht verstörende Rauminstallationen, mit denen sie „verschiedene Arten von Schmerz“ darzustellen gedachte.
Erst mit über 70 wurde sie durch eine vom MoMa ausgerichtete Ausstellung einem breiteren Publikum bekannt, das ihre Aussagekraft schätzte. Trotz Beteiligungen an der Documenta und der Biennale in Venedig arbeitete sie bis zuletzt in ihrem New Yorker Studio.

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Laura Brigdman

🎂 geboren: 21. Dezember 1829 in Hanover, New Hampshire
🪦 gestorben: 24. Mai 1889 in Boston, Massachusetts

Laura Brigdman gilt als die erste bekannte Person, die aus der durch ihre Taubblindheit verursachte Isolation befreit werden konnte. SIe kam gesund zur Welt.
Aufgrund einer Scharlacherkrankung im Alter von zwei Jahren verlor sie Augenlicht und Gehör, sowie Geruchs- und damit auch Geschmackssinn. Zwar entwickelte sie Zeichen, um sich verständlich machen zu können, allerdings gelang das häufig nicht wie gewünscht, was bei ihr in Wutausbrüchen mündete. Mit sieben Jahren kam sie sie in das Perkins-Blindeninstitut. Dort lernte sie durch das Tasten von Gegenständen und dazugehörigen Schildern mit geprägten Buchstaben die Sprache – die damals neue Braille-Schrift wurde von ihrem Lehrer abgelehnt. Ironischerweise erkannte sie ausgerechnet mit einem Schlüssel (und dem Begriff „key“), dass die Prägung den Namen des Gegenstandes darstellte. Sie erlernte das Fingeralphabet für Gehörlose und eine Art Druckschrift, die mit Bleistift geschrieben wird. Bei einem Besuch war Charles Dickens so von ihr inspiriert, dass er ihr ein Kapitel in „American Notes“ widmete.
Sie verbrachte ihr Leben in der Blindenschule, wo sie las Handarbeitslehrerin tätig war.
Später überflügelte Helen Keller, eine Frau mit ähnlichen Konditionen, sie in ihren Leistungen, jedoch bleibt zweifelsfrei, dass Laura Bridgman die Wegbereiterin für deren Handeln war.

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Rosa Genoni (Rosa Angela Caterina Genoni)

Porträt Rosa Genoni
Rosa Genoni, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 16. Juni 1867 in Tirano, Italien
🪦 gestorben: 12. August 1954 in Varese, Italien

Als Ältestes von 18 Kindern war Rosa Genoni gezwungen, schon mit 10 Jahren die Schule zu verlassen und einen Teil zum Verdienst der Familie beizutragen. Darum begann sie im Schneideraltelier eines Verwandten in Mailand eine Lehre und schloss diese mit einem Meisterdiplom ab. Dort fand sie auch Anschluss an Arbeiterkreise mit sozialistischen Ansichten. Von der kurz zuvor gegründeten Arbeiterpartei Italiens wurde sie 1884 nach Paris entsandt. Bei der Arbeit, die sie in Paris fortsetzte, kam sie mit der dortigen Modewelt in Kontakt.
Sie machte Karriere, nachdem sie nach Mailand zurückgekehrt war, indem sie die Anregungen aus Paris auf ihre Weise verarbeitete und so die italienische Modeindustrie mitentwickelte. Ab 1905 unterrichtete sie an der Gewerbeschule für Mädchen, zur mailändischen Weltausstellung 1906 erlangte sie einen Preis für zwei ihrer Kleider.
Sie war aktivistisch tätig, indem sie sich für eine bessere Stellung von Arbeiterinnen und bessere Mädchenbildung einsetzte. Unter Anderem vertrat sie auch den italienischen Frauenverband beim Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag 1915.
Wegen der Überwachung während der Anfangszeit des italienischen Faschismuszog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück.

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Zaha Hadid

Porträt Zaha Hadid
Zaha Hadid, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 31. Oktober 1950 in Bagdad
🪦 gestorben: 31. März 2016 in Miami, Florida

Wie die meisten Frauen, die es zu Erfolg in männerdominierten Sparten bringen, musste auch Zaha Hadid sich zeitlebens mit klischeebehafteten Kommentaren zu ihrer Kleidung herumschlagen, musste es ertragen, dass man sie als „tyrannisch“ bezeichnete, während Kollegen mit ähnlichen Verhaltensweisen als „durchsetzungsfähig“ gelten.
Zaha Hadid wuchs in gutem Elternhaus in Bagdad auf, ihre Eltern ermöglichten ihr und ihren zwei Brüdern eine hervorragende und weltoffene Bildung. Sie erlebte in ihrer Heimatstadt einen Schub der Modernisierung, in ihrer Kindheit war Bagdad ein Spielplatz für Architekten wie Frank Lloyd Wright, Walter Gropius und Le Corbusier. Bereits damals steht für sie fest, dass sie Architektin werden will. Nach ihrer Schulzeit folgten einige Semester Mathematikstudium in Beirut, bis sie schließlich auf Architektur umschwenkte und nach London an die Architecture Association School wechselte. Nach dem Abschluss fing sie an, für Rem Koolhaas zu arbeiten, gleichzeitig nahm sie einen Lehrauftrag an ihrer Alma Mater an. 1980 gründete sie ihr eigenes Architekturbüro – trotzdem galt sie nach wie vor als „Papierarchitektin“, ihre Entwürfe galten als nicht umsetzbar. Bis der Möbelhersteller Vitra sie mit dem Bau einer Feuerwache beauftragte. Damit konnte sie beweisen, dass ihre Entwürfe durchaus gebaut werden konnten. Daraufhin bekam sie mehr Aufträge und hörte Zeit ihres Lebens nicht mehr mit dem Bauen auf. Auch Preise häufte sie an, wie 2004 als erste Frau den Pritzker-Preis.

Mehr über Zaha Haid erfahren.

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Norah Hantzsch aka Sookee aka Quing of Berlin aka Sukini

Porträt Norah Hantzsch alias Sookee
Norah Hantzsch alias Sookee, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 29. Dezember 1983 in Pasewalk

Aus dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern stammend, sind ihre Eltern DDR-Flüchtlinge, ihr Vater war im Gefängnis, weil er den Dienst an der Waffe verweigerte. Sie selbst wohnt seit 1986 in West-Berlin und studierte Germanistik und Gender Studies.
Sie stellt sich offen und vehement gegen den Heteronormativität im Hip Hop. Auch die Frauenfeindlichkeit, den Sexismus und die niedrige Anzahl nicht-männlicher Künstler*innen prangert sie an. So unsterstützt sie bis heute Vereine und Aktionen, wie beispielsweise Pinkstinks Germany. Sie ist Mitglied der Supercrew „Tick Tick Boom“, von der sie immer betont, dass sie nicht zur Belehrung mit dem erhobenen Zeigefinger oder gar das Durchsetzen von Verboten in der Szene da sei, sondern eine Erweiterung des Rap-Genres. Sie möchte sich nicht moralisch über andere erheben, sondern mit Aufklärung und Einsicht arbeiten – ideologische Dogmen lehnt sie, im Gegensatz zu Prinzipien, vehement ab. Seit 2019 kehrte sie ihrer Rap-Karriere den Rücken zu, möchte aber weiter unter ihrem Pseudonym „Sukini“ Musik für Kinder und Jugendliche machen.

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Concordia Hartmann

🎂 geboren: 20. Mai 1880 in Erfurt
🪦 gestorben 02. Juli 1961 in Magdeburg

Concordia Hartmann gehörte der SPD an und war von 1919 bis 1933 im Stadtparlament von Magdeburg vertreten, später auch im Provinziallandtag. Sie war stark sozialpolitisch tätig und Vorstehende des Heims zur Unterstützung von Arbeiterkindern, das sie selbst gegründet hatte. Außerdem leitete sie seit deren Gründung 1919 auch die Arbeiterwohlfahrt in Magdeburg.
1933 wurde sie arbeitslos und musste infolgedessen auch ihre Dienstwohnung verlassen.
Concordia war stets für ihren engagierten Kampf gegen die NSDAP bekannt und geschätzt.

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Katharina Heise (Pseudonym: Karl Luis Heinrich-Salze)

🎂 geboren: 03. Mai 1891 in Groß Salze (heute Schönebeck-Bad Salzelmen)
🪦 gestorben: 05. Oktober 1964 in Halle (Saale)

Katharina Heise war die Tochter eines durch Landverkauf vermögenden Bauern, was ihr eine höhere Schulbildung einbrachte. Sie machte zunächst eine Ausblidung für Buchhaltung, Schreibmaschine und Stenografie. Danach allerdings besuchte sie die Kunstgewerbeschule in Magdeburg, anschließend studierte sie in Dresden bei Ferdinand Dorsch – hier hatte sie Kontakt zur Künstlergruppe „Brücke“.
1913/14 reiste sie zusammen mit ihrer Schwester zu Studienzwecken nach Paris, dort besuchten sie zahlreiche Kurse. Nach der Rückkehr nach Berlin wurden ihre Pläne für einen weiteren Besuch in Paris vom Beginn des ersten Weltkrieges zunichte gemacht.
Sie und ihre Schwester mieteten ein Atelier in Berlin. Ihre Karriere begann Katharina mit der Veröffentlichung von Holzschnitten, später, nachdem Käthe Kollwitz ihr die Bildhauerei empfohlen hatte, machte sie auch hiermit auf ihre Kunst aufmerksam. Bis 1931 allerdings veröffentlichte sie ausschließlich unter ihrem männlichen Pseudonym.
Katharina Heise gehörte dem Frauenkunstverein Berlin an. Ihre Kunst erregte Aufsehen, brachte Kontroversen und Diskussionen hervor. Die Nationalsozialisten bezeichneten ihr Werk als „entartete Kunst“, weswegen sie sich aus der Öffentlichkeit und nach Schönebeck zurückzog. Nach 1945 schuf sie vor allem Kleinplastiken mit christlichen Motiven, erlangte jedoch nie wieder die gleiche Aufmerksamkeit wie vor dem Krieg.
Obwohl sie wollte, dass ihre Kunst nach ihrem Tod zerstört werden sollte, kann man einige ihrer Werke heute noch im Salzlandmuseum bestaunen.

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Siri Hustvedt

🎂 geboren: 19. Februar 1955 in Northfield, MN

Siri Hustvedt ist die Erstgeborene ihrer Eltern und hat vier jüngere Schwestern. Sie wuchs sowohl mit Englisch, als auch Norwegisch auf und wusste bereits als Teenagerin, dass sie Schriftstellerin werden wollte. So begann sie auch schon in der High School, Gedichte zu schreiben. 1986 machte die ihren PhD in englischer Literatur.
Hustvedts erstes Buch ist eine Sammlung von Gedichten, die noch aus ihrer Studienzeit stammen. Erst 12 Jahre später erscheint ihr erster Roman „Die unsichtbare Frau“. Nach sechs weiteren Erscheinungen schrieb sie „Die zitternde Frau. Eine Geschichte meiner Nerven“, in dem sie ein Zittern beschreibt, das bei einem ihrer Auftritte erschien. Auf der Suche nach dessen Ursache referiert sie neurologische und psychologische Thesen. Dieses Themenfeld beschäftigt sie seither, sie geht einem Eigenstudium in Neurowissenschaften nach, schreibt neurowissenschaftliche Artikel und unterrichtet Ärzte in narrativer Psychiatrie. Hustvedt kritisiert seit Langem den Dualismus in der Wissenschaft, der eine Trennung zwischen dem Geistlichen und dem Physischen vorgibt. Für sie gibt es keine scharfe Grenze zwischen beidem; die Tendenz zur Kategorisierung wird von ihr bemängelt.
Seit 2019 ist sie Preisträgerin des Prix européen de l’essai Charles Veillon und des Prinzessin-von-Asturien-Preis.

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Hilma af Klint

Porträt Hilma af Klint
Hilma af Klint, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 26. Oktober 1862 in Solna
🪦 gestorben: 21. Oktober 1944 in Djursholm

Hilma wird als vierte Tochter eines geadelten Befehlshabers der schwedischen Flotte geboren, der in ihr die Leidenschaft für Wissenschaft und Malerei erweckte. Ihre Eltern waren sehr liberal, sie und ihre Geschwister bekamen eine gute Schulbildung in Naturwissenschaften und auch in der Religion wurden große Freiheiten eingeräumt. Die Errungenschaften in allen Bereichen der Wissenschaft im 19. und Anfang des 20. Jhd. faszinierten Hilma af Klint sehr, und wie viele Menschen dieser Zeit glaubte auch sie, dass man irgendwann das Unsichtbare sichtbar machen könne, beispielsweise auch Verbindungen zum Jenseits. So nahm sie nach dem Tod ihrer kleinen Schwester Hermina, die zu dem Zeitpunkt gerade erst zehn war, oft an Séancen teil, um mit ihr in Verbindung zu bleiben.
Als eine der ersten Frauen beginnt sie ein Kunststudium in Stockholm, wo sie Anna Cassel kennen lernt. Sie teilt Hilmas Überzeugung, dass Diesseits und Jenseits miteinander verbunden und es keine klare Trennung zwischen beiden gibt. Diese Freundschaft sollte ein Leben lang erhalten bleiben. Zunächst verdiente sie Geld mit klassisch akademischer Malerei und unternahm mit Anna viele Studienreisen durch ganz Europa. Nach und nach bildete sich eine riesige okkultistische Gesellschaft in Europa, Hilma und ihr gegründeter Zirkel unternehmen mittlerweile selbst Séancen, von denen eine Hilmas Leben mit der Botschaft, sie sollte auf einer „Astralebene“ malen, radikal auf den Kopf stellen sollte. Seitdem malt sie abstrakt – unfiguriativ – lange bevor Kandinsky sein erstes figurenloses Bild anfertigt.
Mit einer vierjährigen Pause wegen einer Schaffenskrise verursacht durch die überhebliche Abneigung von Rudolf Steinar, in dessen Anthroposophische Gesellschaft sie eingetreten war, malte Hilma af Klint mit ihrer „Dualseele“ Thomasine Andersson an der Seite bis ins hohe Alter hinein. Später wandte sie sich allerdings vom Spiritistischen ab und legte den Fokus auf die Natur und verborgene Botschaften der Pflanzen.
Erst 2018 wurde sie als abstrakte Künstlerin wiederentdeckt und stellte damit die Kunstszene auf den Kopf, die stets Kandinsky als den Schöpfer des Abstrakten sah.

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Hedwig Krüger

🎂 geboren: 01. April 1882 in Halle (Saale)
🪦 gestorben: 16. Februar 1938 ebenda

Hedwig Krüger wurde als Tochter eines Gießerei-Formenbauers geboren. Nach einer regulären Schulkarriere arbeitete sie bei einer Ortskrankenkasse. 1908 trat sie der SPD bei; sie wechselte noch während des ersten Weltkrieges in die frisch gegründete USPD, wo sie dem linken Flügel angehörte. Dieser verbündete sich 1920 mit der KPD zur VKPD. Hier wurde sie zum Zentralausschuss der Partei gewählt.
Sie wurde nach der Märzaktion, einer bewaffneten Arbeiterrevolte linksradikaler Kräfte im weiten Raum Halle, zu einer Haftstrafe verurteilt, erzwang aber ihr eFreilassung durch einen Hungerstreik. Anfang 1924 wurde sie in den Reichstag gewählt, Ende des Jahres in den Preußischen Landtag. Sie positionierte sich innerparteilich um Ruth Fischer, unterstütze diese zunächst auch gegen die Parteiführung, distanzierte sich später jedoch öffentlich von dieser Position auf Druck des Zentralkomitees. In ihrer Wohnung veranstaltete sie allerdings weiterhin Treffen für Oppositionelle innerhalb der Partei.
Ab 1928 wurde sie nicht mehr als Kandidatin für die preußischen Landtagswahlen aufgestellt und übernahm innerhalb der KPD auch keine ausschlaggebende Rolle mehr; nach 1933 ging sie in die Illegalität. 1934 dann wurde sie verhaftet und in das Frauen-KZ Mohringen gebracht. Im Jahr darauf wurde sie zwar entlassen, starb aber bereits 3 Jahre später an einer verschleppten Blinddarmentzündung.

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Erna Lauenburger (Sintiname: Unku oder Unko)

🎂 geboren : 04. März 1920 in Berlin
🪦 gestorben: zwischen dem 23. März und 15. April 1944 im sogenannten „Zigeunerlager“ Auschwitz

Erna war in ihrer Kindheit mit Greta Weiskopf (Kinder- und Jugendbuchautorin) befreundet. Aus dieser Freundschaft nahm Letztere Inspiration für den Roman „Ede und Unku“. Die Fotos im Buch zeigen Ernas reale Familie, auch sonst beruhen einige Geschichten im Roman auf wahren Begebenheiten.
In den 1930er Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Magdeburg um, dort lassen sich die rassistischen Repressionen und ihre Deportation belegen.
Ihr Mann, mit dem sie nicht standesamtlich verheiratet war und im sogenannten „Zigeunerlager“ Magdeburg Holzweg wohnte, wurde 1938 ins KZ Buchenwald deportiert; dort starb er 1942 durch eine Injektion, nachdem er als Teil der unbehandelten Kontrollgruppe des Robert-Koch-Instituts eine Fleckfieberinfektion überlebt hatte.
Erna gebar im August 1938 die Tochter Marie, 1939 musste sie ein Schriftstück unterschreiben, das ihr verbot, den Wohnort zu verlassen. Im September 1942 gebar sie eine zweite Tochter. Zusammen mit den anderen 160 Bewohner*innen des „Zigenuerlager“ Magdeburg Holzweg wurde sie am 01. März 1943 verhaftet und ins „Zigeunerlager Auschwitz“ gebracht.
Zeitzeug*innen berichteten, dass Unku den Tod von Marie nicht verkraftet hatte und ermordet wurde. Es gab verschiedene Aufarbeitungen, unter anderem das Buch „Ede und Unku – die wahre Geschichte“ des Enkels von Unkus Cousine Janko Lauenberger und der Journalistin Juliane Wedermeyer.

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Edmonia Lewis

🎂 geboren: 04. Juli 1844 in Greenbush, NY
🪦 gestorben: 17. September 1907 in Hammersmith, London

Edmonia Lewis war die Tochter einer Native American und eines Afro-Amerikaners. Das legte ihr viele Steine in den Weg, weswegen ihr Werk umso bemerkenswerter ist.
Als sie drei Jahre alt war, starb ihr Mutter und sie wuchs bei deren Verwandten auf und lernte so die Bräuche der Natives. Später schaffte sie es, mit Hilfe ihres Bruders am Oberlin College aufgenommen zu werden; dort blieb sie allerdings nicht lange, da ihr von Kommilitoninnen ohne Beweise vorgeworfen wurde, sie vergiften zu wollen.
Mit 18 zog sie nach Boston um, dort ging sie beim Bildhauer Edmund Brackett in die Lehre. Sie erzielte erste Erfolge mit einer Skulptur von Robert Gould Shaw (erster Schwarzer, der ein Regiment im amerikanischen Bürgerkrieg führte), was sie dazu befähigte, nach Rom zu reisen. Dort formte sie ihren Stil und fertigte die gefeierte Skulptur „Forever Free“ an, eine Sklavin und ein Sklave, die gerade die Nachricht erhalten, dass die Sklaverei abgeschafft wurde.
Trotz des Umstandes, dass ihre Arbeit kontrovers aufgenommen wurde, erhielt sie immer weiter Aufträge, sowohl in den USA, die sie sporadisch besuchte, als auch von europäischen Adelshäusern; später arbeitete sie vermehrt für die römisch-katholische Kirche.
Ab 1900 verlor sich ihre Spur für viele Jahre, erst neueste Forschungen ergaben, dass sie in Hammersmith lebte und im dortigen Krankenhaus starb.

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Maryam Mirzakhani

Porträt Maryam Mirzakhani
Maryam Mirzakhani, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 03. Mai 1977 in Teheran
🪦 gestorben: 14. Juli 2017 in Stanford, CA

Maryam Mirzakhani wuchs in einem liberalen Elternhaus in Teheran auf. Als Kind las sie äußerst viel, wollte eigentlich Schriftstellerin werden und Mathematik war in der Schule nicht ihr stärkstes Fach. Das änderte sich jedoch, nachdem ihr Bruder ihr eine Geschichte von Carl Friedrich Gauß erzählt hatte, der eine sehr elegante Lösung für die Addition aller natürlicher Zahlen von 1 bis 100 fand.
Daraufhin nahm sie an Mathematikwettbewerben teil, was bis dahin für Mädchen nicht vorgesehen war. Bald gehörte sie zum sechsköpfigen iranischen Team für die Internationale Mathematik-Olympiade. 1994 in Hongkong machte sie auf sich aufmerksam, als sie mit 41 von 42 möglichen Punkten Gold gewann, ein Jahr später sogar mit der vollen Punktzahl.
Nach ihrem Schulabschluss erhielt sie ein Stipendium für ein Mathematik-Studium in Teheran, was sie mit einem Bachelor abschloss. 1999 verließ sie ihr Heimatland und zog für ihren Master und die Promotion in die USA. Ihr Doktorvater an der Harvard University war Curtis McMullen, Gewinner der Fields-Medaille 1998. Dieser bezeichnet ihre 2004 eigereichte Dissertation als Meisterwerk. „Nebenbei“ fand sie Lösungen zu zwei seit Jahrzehnten ungelösten Forschungsfragen. In Harvard lernte sie ihren späteren Ehemann Jon Vondrák kennen.
Daraufhin forschte sie bis 2008 am Clay Mathematics Institute in Cambridge als Stipendiatin, gleichzeitig hat sie eine Juniorprofessur an der Princeton University inne. In dieser Zeit lernte sie ihren Kollegen Alex Eskin kennen, mit dem sie bemerkenswerte Arbeit leisten sollte. 2005 heiratete sie ihren Ehemann. 2008 zogen sie nach Kalifornien, da Maryam eine ordentliche Professur für Mathematik an der Stanford University erhielt – und das mit nur 31 Jahren. Bei ihrer Forschungsarbeit unterschied sie sich von den meisten ihrer Koleg*innen, da sie verschiedene Bereiche der Mathematik miteinander verknüpfte und sich so ein breiteres Lösungsspektrum eröffnete.
Maryam Mirzakhani wurde mit einigen Preisen ausgezeichnet, u. A. dem renommierten Satter Prize und 2014 als erste Frau mit der Fields-Medaille, bevor sie 2017 mit nur 40 Jahren an Brustkrebs verstarb.

Zusatzinfo aus aktuellem Anlass: Als ihr die Fields-Medaille verliehen wurde, gratulierte ihr sogar der iranische Staatspräsident mit einem Tweet und zwei Bildanhängen: eines von Maryam mit Kopftuch und ein aktuelleres ohne und mit kurzen Haaren. Schon damals löste das eine Debatte aus und ihr wurde von Strenggläubigen mit Verhaftung gedroht, sollte sie je wieder den Iran betreten.

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Anja Niedringhaus

Porträt Anja Niedringhaus
Anja Niedringhaus, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 12. Oktober 1965 in Höxter, Nordrhein-Westfalen
🪦 gestorben: 04. April 2014 in Banda Khel, Afghanistan

Anja Niedringhaus begann schon mit 17, für eine Lokalzeitung zu arbeiten. Bereits nach ihrem Abitur 1986 flog sie nach Indien für die Kindernothilfe. Ab ’86 studierte sie auch Germanistik, Philosophie und Journalismus, zeitgleich schrieb sie für das Göttinger Tageblatt.
1990 war sie in Berlin beim Fall der Mauer dabei, den sie auch fotografisch dokumentierte. Diese Bilder brachten ihr als erste Fotografin eine Festanstellung bei der European Pressphoto Agency ein. Es folgten zwei Jahre Fotografie in Sport und Gesellschaft, 1992 wurde sie dann in den erst kurz zuvor begonnenen Krieg in Jugoslawien geschickt. Das erste Mal unter Feuer genommen und verletzt wurde sie bei ihrem ersten Einsatz in Sarajewo, was sie dank einer kugelsicheren Weste überlebte. Es folgten Verletzungen in Belgrad, im Kosovo und im Grenzgebiet zwischen Kosovo und Albanien.
Auch die Folgen der Terroranschläge des 11. September 2001 in New York hielt sie auf Bildern fest. Daraufhin berichtete sie das erste Mal aus Afghanistan vom Sturz der Taliban. 2003 und 2004 gehörte sie zu den etwa 600 Reporter*innen, die von der Schlacht um Falludscha/Irak direkt aus dem Inneren der US-Armee berichteten. Sie erlebte die erste Angriffswelle hautnah, 60% der sie begleitenden Soldaten fielen. Sie schoss auch das wohl bekannteste Foto dieses Krieges, nämlich den damaligen US-Präsidenten George W. Bush, der zu Thanksgiving verdeckt eingeflogen worden war. Sie war die Einzige, die die Szenerie fotografiert hatte.
Für ihre Arbeit aus den Krisengebieten erhielt sie 2005 als erste deutsche Frau den Pulitzerpreis. Weiterhin fotografierte sie wichtige Sportereignisse.
Anja Niedringhaus wurde 2014 einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan an einem Sicherheitsstützpunkt von einem Polizisten aufgrund persönlicher Motive erschossen.

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Helene Nonné-Schmidt (geb. Helene Frieda Nonne)

Porträt Helene Nonné-Schmidt
Helene Nonné-Schmidt, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 08. November 1891 in Buckau (Magdeburg)
🪦 gestorben: 07. April 1976 in Darmstadt

Helene Nonné-Schmidt war die Tochter des Ingenieurs Franz Nonne und seiner Ehefrau Leokadya Koterwas. Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule Magdeburg besuchte sie die Königliche Kunstschule zu Berlin, wo sie ein Examen als Zeichenlehrerin machte. Während des ersten Weltkrieges arbeitete sie als Kinderfürsorgerin. Ihr Studium setzte sie dann nach Kriegsende fort und machte das zweite Examen zur Werklehrerin. Danach arbeitete sie als Lehrerin für beide Fächer in Berlin und Magdeburg. Nach dem Besucht der Bauhaus-Ausstellung 1923 in Weimar beschloss sie, dort weiter zu studieren. Das sonst erforderliche Vorstudium wurde ihr erlassen und sie fing direkt in der Weberei-Werkstatt an. Sie lernte den Jungmeister Joost Schmidt kennen, beide heirateten 1925 und zogen mit dem Bauhaus nach Dessau. 1930 machte sie das Bauhausdiplom unter Paul Klee und Gunta Stölzl, dann arbeitete sie als Kunsterzieherin. Während der Zeit des Nationalsozialismus hatte ihr Mann Arbeitsverbot, sie arbeitete an Gelegenheitswerken. Nach 1945 war sie kurz in München, dann im Allgäu, bis Max Bill sie nach Ulm an die Hochschule für Gestaltung (inoffizieller Nachfolger des Bauhaus). Zusammen mit den ehemaligen Kollegen ihres inzwischen verstorbenen Mannes unterrichtete sie die Grundkurse, bis sie 1961 nach Darmstadt an den Sitz des ersten Bauhaus-Archivs zog, wo sie das Buch über ihren Mann recherchierte, das allerdings erst nach ihrem Tod erschien.

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Katharina von Oheimb (Katharina Franziska Paula Maria „Kathinka“ von Kardorff-Oheimb, geb. van Endert)

Porträt Katharina von Oheimb
Katharina von Oheimb,
gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 02. Januar 1879 in Neuss, NRW
🪦 gestorben: 22. März 1962 in Düsseldorf

Katharina von Kardorff-Oheimb war die Tochter des Seidenwaren- und Möbelfabrikanten Rudolf van Endert und seiner Frau Elisabeth, sie hatte acht Geschwister. Ihr Vater starb, als sie noch jung war, ihre Mutter führte das Unternehmen weiter. Sie wurde privat von Oberlehrerinnen unterrichtet, bis sie das Abitur an einem Gymnasium schrieb und bestand. Darauf folgte ein Besuch der Klosterschule der Ursulinen in Lyon. Mit ihrer Mutter und den beiden Schwestern unternahm sie Bildungsreisen durch Europa.
Katharina heiratete in ihrem Leben vier Mal, aus den ersten beiden Ehen gingen insgesamt sechs Kinder hervor.
Viel spannender ist jedoch ihre politische Karriere und das damit verbundene Engagement. Nach dem ersten Weltkrieg trat sie der Deutschen Volkspartei bei, war danach bei der Gründung des Nationalverbandes deutscher Frauen und Männer dabei, leitete Ausbildungskurse zur politischen Emanzipation von Frauen und dozierte an einer Berliner Hochschule.
Sie war für vier Jahre eine der 36 Frauen von 466 Abgeordneten im Reichstag ab 1920. Sie vertrat den Wahlkreis Magdeburg. Sie trat aus ihrer Partei aber aus, als diese sich für einen anderen als den von ihr befürworteten Kandidaten für die Reichspräsidentschaft aussprach, und trat der Wirtschaftspartei für drei Jahre bei. 1930 war sie Vorsitzende der Nationalen Arbeitergemeinschaft, 1931 Schriftführende für das Pro Palästina Komitee. In der gesamten Zeit der Weimarer Republik hatte sie einen enorm bedeutsamen politischen Salon in Berlin, wo sie Kontakte in Politik, Militär und Wirtschaft knüpfte. Zwölf Jahre während der NS-Zeit war sie politisch inaktiv, nachfolgend wurde sie kurzzeitig als Bürgermeisterin eingesetzt und trat in die Liberaldemokatische Partei ein. Außerdem war sie Vorsitzende der LDP-Frauenarbeitsgemeinschaft in Berlin.
Sie schrieb bis 1919 für die Magdeburgische Zeitung und gründete die Allgemeine Bilderzeitung.

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Annette Otterstedt (Dr. phil.)

🎂 geboren: 23. September 1951 in Erlangen
🪦 gestorben: 06. September 2020 in Berlin

Annette Otterstedt hatte keinen leichten Start. Aufgrund einer Fahrlässigkeit ihres damaligen Kinderarztes, der eine Flasche Salpetersäure unbeaufsichtigt offen hatte stehen lassen, erlitt sie eine schwere Verätzung, die so über 20 Jahre mit Operationen und regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen begleitete. Ihre Eltern versuchten daraufhin, sie zu verstecken soweit es ging, ihr Vater weigerte sich trotz offensichtlichen Vermögens später, ihren Unterhalt zu zahlen. Allen Widrigkeiten zum Trotz studierte sie nach ihrem Abitur in Hamburg ab 1971 in Berlin sowohl Musikwissenschaft, als auch Musikethnologie und Judaistik. Ihre Promotion, die sie 1989 mit summa cum laude abschloss, schrieb sie über die Lyra Viol, ein in England erfundenes hochkomplexes Streichinstrument der Gambenfamilie (ähnlich der Violinfamilie, mit etwas verschiedener Bauweise und Haltung). Sie ließ dieses, so wie weitere ähnliche Instrumente präzise nach historischem Vorbild nachbauen und spielte sie auch leidenschaftlich gern. Annette Otterstedt brachte es zu über vierzig Jahren Konzert- und Komponistinnen-Karriere. Als Anerkennung war sie Ehrenmitglied der Viola la Gamba Societ of Great Britain. Ab 1991 arbeitete sie als Kuratorin am Musikinstrumente-Museum Berlin für Instrumente bis zum 19. Jahrhundert, exklusive der Tasteninstrumente. Sie schrieb auch Bücher über die Gambe, sowie eine Monographie.
Sie starb letztendlich an den Langfolgen der Museumsluft, die sie einmal untersuchen ließ, worauf eine bis zu 100.000-fach erhöhte Keimbelastung festgestellt wurde. Sie wurde nur 64 Jahre alt.

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Luise F. Pusch (Frohmut Pusch)

Porträt Luise F. Pusch
Luise F. Pusch, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 14. Januar 1944 in Gütersloh

Luise Pusch studierte in Hamburg Anglistik, Lateinistik und Allgemeine Sprachwissenschaft. Sie promovierte 1972 in Anglistik und schrieb ihre Habilitation im Fach der Sprachwissenschaft. Seit 1979 ist die feministische Linguistik ihr Forschungsschwerpunkt, zu dem sie auch bis heute regelmäßig veröffentlicht.
Sie gilt als die Erfinderin der Genderpause, denn nachdem sie sich zunächst für das Entgeschlechtlichen von Bezeichnungen (bspw. die Professor) einsetzte, hatte sie den Gegenwind bereits vorausgeahnt und brachte das Binnen-I ins Gespräch (ProfessorIn). Sie hatte Lehraufträge in Hannover und Duisburg inne, sowie eine außerplanmäßige Professur an der Universität Konstanz und eine Vertretungsstelle an der Uni Münster für Frauenforschung.
Ihr Einsatz für geschlechtergerechte Sprache schlägt sich in Vorträgen, Aufsätzen und Workshops nieder. Außerdem schreibt sie auch seit 1982 ab einer Frauenchronik, und verfasste für FemBio.org (von wo auch einige der hier aufgeführten Informationen stammen) weit über 30.000 Biografien, von denen aktuell noch weniger als die Hälfte öffentlich zur Verfügung stehen.
Sie lebt mit ihrer Ehefrau zweitweise in Hannover und in Boston.

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Maria Reiche

🎂 geboren: 15. Mai 1903 in Dresden
🪦 gestorben: 08. Juni 1998 in Lima, Peru

Maria Reiche studierte zunächst Mathematik, Physik, Geografie, Philosophie und Pädagogik in Hamburg, mit dem Ziel, Lehrerin zu werden, als 1926 die Linien auf dem Boden von Nazca. Wegen der aufkommenden nationalsozialistischen Strömungen und dem einhergehenden Hass verließ sie Deutschland und schlug sich in Peru zunächst als Hauslehrerin und Übersetzerin durch. Dann lernte sie Professor Paul Kosok kennen, einen amerikanischen Wissenschaftler, der sie damit beauftragte, die merkwürdig geraden Linien zu untersuchen und zu vermessen. Er hielt die Muster auf dem Boden für eine Art landwirtschaftlichen Kalender.
Über vierzig Jahre verbrachte sie mit diesen Kulturstätten, vermaß sie, dokumentierte sie und ließ sich sogar an die Kufen von Hubschraubern schnallen, um die bestmöglichen Bilder machen zu können.
Sie schrieb Bücher, durch die sie, mit Unterstützung ihrer Lebensgefährtin, Wachpersonal und später auch einen Aussichtsturm finanzieren konnte. Ihr Einsatz für die Erhaltung der Bilder von Nazca mündete 1978 in den Schutz durch Peru, und 1994 auch zur Erklärung als Welterbe der Menschheit durch die UNESCO.
Als Dank erhielt Maria Reiche bis zu ihrem Lebensende freie Kost und Logis in einem Hotel in Nazca, und wurde mit Ehrendoktortiteln und der peruanischen Staatsbürgerschaft gewürdigt.

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Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray

Porträt Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray
Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: vermutlich 1980 in Bremen

Reyan Sahins Eltern stammen aus der Türkei und gehören einer Glaubensminderheit an, sie wanderten vor ihrer Geburt nach Deutschland ein. Sie schloss das Abitur ab und hatte bereits mit zwölf Jahren angefangen zu Rappen.
Sie studierte in Bremen Linguistik und Germanistik und schloss 2005 mit Magister ab. Ihr Institutsleiter veröffentlichte ihre Magisterarbeit „Jugendsprache anhand der Jugendkultur Hip-Hop“ in einer Anthologie. Sie promovierte 2012 mit der Arbeit „Die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs in Deutschland“. Für die Dissertation erhielt sie 2013 den Studienpreis in der Fächergruppe Geistes. und Kulturwissenschaften.
Sie war beruflich für den WDR tätig, der nach vier Jahren Zusammenarbeit diese allerdings beendete, da Reyan einen Song veröffentlicht hatte, der nach Aussage des WDR „pornographische Inhalte“ transportieren würde – in dem Song geht es um eine fiktive Orgie mit anderen Rappern der Zeit. In den folgenden Jahren veröffentlichte sie immer wieder Texte und Songs, in denen sie andere Rapper, aber auch Popsängerinnen wie Sarah Connor beschimpfte. Es folgten ebenso kontroverse Fernsehauftritte.
2009 ließ sie eine Karrierepause verlauten, 2012 gab sie eine schwere Depression bekannt. Ihr Buch „Yalla, Feminismus“ erschien 2019 und sie wurde 2021 von der Linken in Bremen als Mitglied der 17. Bundesversammlung nominiert.

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Nikki de Saint Phalle (Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle)

🎂 geboren: 29. Oktober 1930 bei Paris
🪦 gestorben: 21. Mai 2002 in San Diego

Niki war die Tochter eines durch den Börsencrash von 1929 verarmten Bankiers, stammend aus einem alten französischen Adelsgeschlecht, und seiner amerikanischen Frau. Sie wuchs in den USA auf und besuchte neun Jahre lang die Klosterschule Sacré-Cœur in New York. Nach eigener Aussage wurde sie, seit sie elf war, über Jahre von ihrem Vater sexuell missbraucht. Infolgedessen wurde sie einige Monate streng psychiatrisch beaufsichtigt und gelangte so zur Kunst, sie war ihre „Erlösung“.
Jung heiratete sie heimlich ihren Jugendfreund, mit dem sie zwei Kinder hatte. Anfang der 1950er Jahre kehrte sie nach Paris zurück und machte vier Jahre später als Aktionskünstlerin auf sich aufmerksam. Sie erstellte sogenannte „Schießbilder“, Gipsreliefs mit eingearbeiteten Farbbeuteln, die während der Vernissage zerschossen wurden. Nach ihrer Scheidung 1960 folgten Happenings und Ausstellungen, und ab 1965 die ersten „Nanas“, für die sie bekannt wurde – Frauenfiguren mit üppigen Körperformen. Ein weiteres bekanntes Werk war „Hon“ (schwedisch sie), eine 29 Meter lange Skulptur, die durch die Vagina betreten wurde und in deren Inneren sich unter Anderem eine Bar befand.
Sie stellte ihre Skulpturen im MoMA in New York aus, in München, Hannover, Paris, Amsterdam und weiteren Städten.
Sie gehörte zu den Gründungs-Austellerinnen der Bundeskunsthalle in Bonn, auf dessen Dach sie teilweise begehbare Großplastiken stellen ließ.

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Eva Schulze-Knabe

🎂 geboren: 11. Mai 1907 in Pirna, Sachsen
🪦 gestorben: 15. Juli 1976 in Dresden

Nach einem Studium in Leipzig und danach in Dresden, trat damals noch Eva Knabe der Künstlergruppe ASSO (Assoziation revolutionärer bildender Künstler) und 1931 auch der KPD. Im gleichen Jahr heiratete sie Fritz Schulze, einen gleichgesinnten Künstler. Sie war bekannt für ihren Kampf gegen den Nationalsozialismus und versuchte zusammen mit ihrem Mann die Strukturen der KPD im Untergrund aufrecht zu erhalten. 1933 wurde sie das erste Mal verhaftet, blieb ein halbes Jahr in Gefangenschaft und wurde dann jedoch freigesprochen. 1941 jedoch flog die Gruppe auf, ihr Mann wurde im Jahr darauf hingerichtet, sie selbst erhielt lebenslänglich im Zuchthaus.
Nach ihrer Befreiung 1945 war sie Dresdner Freischaffende und beteiligte sich künstlerisch am Aufbau der DDR. Politisch setzte sie sich immer für die absolute Gleichberechtigung der Frau ein.
Ihr Werk besteht hauptsächlich aus Porträts, auch im Zuchthaus zeichnete sie sich selbst mit scharfen Gesichtszügen voller Angst und von Hunger und Krankheit geprägt. Ihre Bilder zeigen zumeist ernste, zuweilen verschlossene Personen, entgegen des sozialistischen Realismus.
Aber auch Landschaftsbilder ihrer Heimat in Sachsen malte sie häufig in expressionistischer Form.

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Betye Irene Saar (geb. Brown)

🎂 geboren: 30. Juli 1926 in Los Angeles, CA

Betye Saar war gerade 5, als ihr Vater starb und sie mit ihrer Mutter und ihren zwei Geschwistern zu den Eltern des Vaters und später nach Passadena, CA. Sie hatte schon früh eine Leidenschaft für ungewöhnliche Dinge, die sie zum Teil selbst reparierte.
Sie fing ihr Studium am Passadena City College ursprünglich mit dem Ziel an, Kunstdozentin zu werden, allerdings verwarf sie das, nachdem sie einen Kurs für Druckgrafik besucht hatte. Sie wechselte dann dank eines Stipendiums an die University of California, Los Angeles, wo sie 1947 mit dem Bachelor of Arts in Design abschloss. Folgend schrieb sie sich an mehreren kalifornischen Colleges für Kurse ein.
1952 heiratete sie den Keramikkünstler Richard Saar, aus dieser Ehe gingen drei Töchter hervor.
In ihrer Kindheit beobachtete sie die Errichtung der Watts Towers, Skulpturen skurriler Architektur, in die alle möglichen Dinge bis hin zu Maiskolben in den Beton eingearbeitet wurden. Als sie 1967 eine Ausstellung von Assemblagen des Bildhauers Joseph Cornell besuchte, fand sie ebenfalls viel Inspiration: dieser hatte gefundene Gegenstände zu Kunstwerken zusammengefügt. Sie begann selbst, Gegenstände zu collagieren und sie in Fensterrahmen und Kisten zu arrangieren. Dabei behielt sie stets das Augenmerkauf ihren kulturellen Wurzeln: afroamerikanische, irische und native american.
Zeitlebens stetzte sie sich gegen die rassistischen Darstellungen von Afroamerikaner*innen ein. Sie sammelte stereotypische Darstellungen aus der Werbung und verarbeitete diese in ihren Kunstwerken. So engagierte sie sich auch in der amerikansichen Bürgerrechtsbewegung.
Sie lebt und arbeitet bis heute in ihrem Studio in LA.

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Elke Schilling (verh. Plöger)

Porträt Elke Schilling
Elke Schilling, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 11. November 1944 in Leipzig

Elke Schilling wuchs in der DDR auf, studierte Mathematik in Dresden und später in Berlin, wo sie mit dem Diplom abschloss. In den darauf folgenden 22 Jahren war sie tätig als Projektentwicklerin und Programmiererin in verschiedenen Rechenzentren von Ministerien, Gesundheitswesen, Industriebetrieben und in der Landwirtschaft der DDR. Nach dem Systemwechsel arbeitete sie nach kurzer Erwerbslosigkeit zwei Jahre lang als selbstständige Versicherungsfachfrau für eine große deutsche Versicherungsgesellschaft.
Sie gründete 1991 in Sachsen-Anhalt für Bündnis90/Die Grünen die AG Frauen, war bis 1994 deren Sprecherin und von 1992 bis 1994 die ostdeutsche Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Frauen von Bündnis90/Die Grünen. 1994 wurde sie in der Rot-Grünen Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt die erste Staatssekretärin für Frauenpolitik in einem ostdeutschen Bundesland. 1998 schieden die Grünen aufgrund ihres Wahlergebnisses aus dem Landtag von Sachsen-Anhalt aus. Elke Schilling verlor damit ihr Amt als Staatssekretärin. Sie arbeitete in den folgenden Jahren als freiberufliche Organisationsberaterin für Gender Mainstreaming und Diversity für Verwaltungen und Wohlfahrtsverbände.
Ab 1995 war sie für neun Jahre die ostdeutsche Vorsitzende des Vereins Frauenbrücke Ost-West. Von 2011 bis 2017 war sie Vorsitzende der Senior*innenvertretung von Berlin Mitte und begann 2014, das „Silbernetz“ aufzubauen, ein dreistufiges telefonisches Gesprächsangebot für ältere Menschen in ganz Deutschland zum „Einfach mal Reden“.

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Franziska Schutzbach

Porträt Franziska Schutzbach
Franziska Schutzbach, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren 1978

Als Tochter einer Theaterpädagogin und eines Lehrers, die in die Schweiz auswanderten, als Franziska Schutzbach erst vier Jahre alt war, begann sie schon früh, sich politisch zu engagieren. So organisierte sie bereits 1996 einen Schulstreik mit den Themen Ökologie und atomare Abrüstung. Nach ihrem Schulabschluss hielt sie sich und ihren Sohn zunächst durch Auftritte auf Kleinkunstbühnen über Wasser. 2007 bekam sie eine Tochter und resümiert, dass sie sich die Gleichberechtigung in ihren Partnerschaften immer hart erkämpfen musste. 2008 schloss sie das Studium der Soziologie, der Medienwissenschaften und Genderstudies mit dem Magistra Artium ab. Elf Jahr später promovierte sie und war als Lehrbeauftragte an den Universitäten in Basel, Berlin und München tätig. Aktuell ist sie als Gast an der Universität in Bern.
Ihre Forschungsschwerpunkte liegen bei Reproduktionspolitik, Geschlechterverhältnisse, Rechtspopulismus und Antifeminismus.
In einem ihrer Texte beschäftigt sie sich mit der „Radikalisierung und Politisierung der maskulistischen Szene“, untersuchte dabei besonders jene Pick-Up Artists, die in den USA in kleinen Runden verunsicherter Männer starteten, die lernen wollte, wie man Frauen „erobert“. Mittlerweile sind solche Männer ein online wie offline weit verbreitetes Phänomen und Schutzbach dokumentierte, wie diese sich immer weiter mit der rechtspopulistischen und rechtsnationalen Szene verbanden. Außerdem beschäftige sie sich mit den Zusammenhängen von Anti-Gender-Diskursen und Rechtspopulismus.

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Amrita Sher-Gil

🎂 geboren: 30. Januar 1913 in Budapest, ehemaliges Österreich-Ungarn
🪦 gestorben: 05. Dezember 1941 in Lahore, Britisch-Indien

Aufgewachsen in einer sehr offenen, kosmopolitisch ausreichteten Familie mit großem Zusammenhalt, fiel Amrita Sher-Gils Eltern schon früh ihre malerische Begabung auf. So zog die gesamte Familie 1929 nach Paris, damit sie dort studieren konnte, unter anderem an der École des Beaux-Arts, die damals als weltberühmtest geltende Kunstakademie.
Zu Beginn ihres Schaffens malte sie vor allem Stilleben, (Selbst-)Porträts und Akte und bediente sich den zu dem Zeitpunkt angesagten Kunststilen, wie dem akademischen Realismus. Oft malte sie ihre Schwester, eine angehende Pianistin, auch in freizügigen Motiven. Dafür und für den nach außen hin offenen Umgang mit Sexualität wurde sie oft gelobt. Allerdings wirkte sie in Eigendarstellungen eher in sich gekehrt und schien mit ihrem ungarischen und indischen Erbe zu kämpfen.
Eine von den Eltern angestrebte Ehe zu einem indischen Lebemann löste sie noch vor der Hochzeit, da er sie mit Syphilis angesteckt hatte. Sie heiratete später den Cousin, der sie behandelt hatte. Mit der Unzufriedenheit in Paris ringend, sehnte sie sich trotz der Anerkennung nach Indien. Gegen den Willen des Vaters kehrte sie 1934 dahin zurück. In Indien entwickelte sich ihr Stil hin zu einem eher flächigen, mehr auf die Komposition achtenden Wesen. So verselbstständigte sie ihre Kunst, die von der Darfstellung von Frauen in alltäglichen Momenten und deren einsame, melancholische Hoffnungslosigkeit geprägt war.
Ihr so früher Tod bleibt bis heute rätselhaft, doch ihr Vermächtnis bildete die Grundlage der National Gallery of Modern Art in Neu-Delhi und ihre als nationales Kulturgut geltenden Gemälde dürfen Indien nicht verlassen.

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Hudā Schaʿrāwī (auch Hoda Shaarawy)

🎂 geboren: 23. Juni 1879 in Minya, Ägypten
🪦 gestorben: 12. Dezember 1947 in Kairo, Ägypten

Hudā Schaʿrāwī war die Tochter einer Gefüchteten und ihres Vaters Sultan Pascha, eines hohen Beamtens, und wuchs bis sie neun Jahre alt war im Harem ihrer Familie auf, bekam aber trotzdem eine grundlegende Ausbildung. Mit zwölf schon wurde sie mit ihrem Vetter verlobt und ein paar Jahre später auch verheiratet, lebte aber bis zu ihrem 21. Lebensjahr getrennt von ihm in Kairo. Wegen gesellschaftlichen und familiären Druckes lebte sie aber von da an mit ihrem Ehemann relativ harmonisch zusammen und bekam mit ihm auch zwei Kinder.
Sie organisierte Vorträge für Frauen an der Kairoer Universität und war eine Gründerin der Mabarrat Muhammed Ali – eine philanthropische Gesellschaft führender ägyptischer Frauen. Sie kümmerten sich um die Belange armer Frauen und Kinder.
Während der ägyptischen Revolution 1919 oragnisierte sie die Proteste der Oberschicht-Frauen gegen Großbritannien mit. 1920 wurde sie die Präsidentin des Wafdist Womens Central Committee der Wafd-Partei, die die Unabhängigkeit Ägyptens zum Ziel hatte.
Zwar erklärten die Briten Ägypten 1922 für unabhängig und die ägyptische Verfassung garantierte allgemeines Wahlrecht, Frauen wurden hier jedoch ausgeschlossen. Hudā Schaʿrāwī gründete darauffolgend gemeinsam mit gleichgesinnten Frauen der Oberschicht die EFU (Egyptian Feminist Union). Diese setzte sich für die allgemeine Gleichberechtigung der Frauen, insbesondere aber auch im Bildungsbereich und im Scheidungsrecht ein. Nachdem 1924 immer noch kein Wahlrecht für Frauen eingeführt und auch andere Forderungen ignoriert wurden, wandte sie sich vom WWCC ab und widmete sich bis zum Ende ihres Lebens der EFU und der von ihr mitgegründeten Arab Feminist Union.
Ehrungen stand sie stets kritisch gegenüber, da sie die Würdigung aller Frauen forderte, nicht nur derer zum Vorwand Ausgewählten.

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Ethel Smyth

Porträt Ethel Smyth
Ethel Smyth, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 23. April 1858 in Kent, UK
🪦 gestorben: 08. Mai 1944 In Woking, UK

Ethel Smyth wuchs als eines von sieben Geschwistern auf. Sie und ihre fünf Schwestern wurden von deutsche Gouvernanten aufgezogen, von denen eine in Leipzig Musik studiert hatte – was in Ethel den Wunsch reifen ließ, ihr gleichzutun. Mit Hungerschreiks und Verweigerung der damals angemessenen Verhaltensweisen erzwang sie schließlich die Zustimmung ihrer Eltern, in Leipzig Komposition zu studieren. Dies enttäuschte sie allerdings, und so brach sie nach einem Jahr ab und ließ sich von Heinrich von Herzogenberg privat unterrichten. Sie verliebte sich in dessen Frau und begann ein Verhältnis mit ihr. In Gesellschaft der von Herzogenbergs konnte sie sich weiter im musikalischen Kreis in Leipzig ausleben und knüpfte Kontakte.
Ihr Leben lang hatte sie mit der Geringschätzung ihrer Arbeit als Frau zu kämpfen – Männer, die sich eben noch ernsthaft mit ihrem Werk beschäftigt hatten, beleidigten sie gleich nachdem sie erfahren hatten, dass ihnen das Werk einer Frau vorlag. In England wollte niemand so recht mit ihren Kompositionen zu tun haben. Ironischerweise wurde ihr später vorgeworfen, wenig weiblichen Charme einzubringen.
Zeitweise hatte sie sich, nach langem Widerstreben, in der (teilweise militanten) englischen Frauenbewegung eingesetzt. So provozierte sie zusammen mit bis zu 200 weiteren Frauen ihre Festnahme durch das Einschmeißen der Fensterscheiben des britischen Kolonialsekretariats. Sie engagierte sich bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges, und danach wurde den Frauen das Wahlrecht zugesprochen.
Bis zu ihrem Tod widmete sie sich vermehrt dem Schreiben, wobei sie sich stark zu Virginia Woof hingezogen fühlte, für die sie jedoch nie mehr als eine gute Freundin war.

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Christina Thürmer-Rohr

Porträt Christina Thürmer-Rohr
Christina Thürmer-Rohr, gezeichnet von Anja Schneidewind

🎂 geboren: 17. November 1936 in Arnswalde, heutiges Polen

Christina Thürmer-Rohr war die Tochter des lokalen Ortpfarrers, der bekennender Nationalsozialist war und freiwillig in den Krieg zog. Ihre Mutter siedelte mit ihr und ihrer Schwester zunächst nach Oettinghausen und später nach Bielefeld um. Dort machte sie ihr Abitur, wonach Christina erst Germanistik und Romanistik, und ein Jahr später Psychologie und Philosophie studierte. Sie promovierte außerdem zum Thema „Kontaktbegriff und Kontaktdiagnose“. Sie arbeitete in der psychologischen Beratungsstelle von Ludgwigshafen, als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Psychologie der TU Berlin und ab 1966 übernahm sie die Leitung der angegliederten Psychologischen Beratungsstelle.
An der TU Berlin wurde sie auch 1969 Assistenzprofessorin. Drei Jahre Später wurde sie Professorin an der Pädagogischen Hochschule Berlin am Institut für Sozialpädagogik.
Hier gründete sie auch den Studienschwerpunkt Frauenforschung, und gründete den Verein „Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen e. V.“, dem sie auch vorstand. Auch außerhalb ihrer Universität engagiert sie sich für feministische und politische Bildung und für den Schutz misshandelter Frauen.
Später wechselte sie wieder an die TU Berling als Professorin im Fachbereich Erziehungswissenschaften, wo sie im Bereich Feministische Theorie, Menschenrechte und Erinnerungskultut forschte.
Sie war auch musikalisch aktiv, zeitweise in einer Rockband, später mit der Pianistin Laura Gallati, die im Laufe der Zeit ihre Lebensgefährtin wurde.

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Lydia Wahlström (Lydia Katarina Wahlström)

🎂 geboren: 28. Juni 1869 in Lundby, Schweden
🪦 gestorben: 02. Juni 1954 in Stockholm, Schweden

Lydia Wahlström war die jüngste Tochter eines Pfarrers. Da sie als Kind oft das Gefühl hatte, dass ihr Vater lieber einen Sohn gehabt hätte, bemühte sie sich immer wieder, sich wie ein Junge zu verhalten.
Lydia erwarb einen Bachelor of Arts in den Fächern Geschichte, nordischen Sprachen und Politikwissenschaften an der Universität Uppsala und promovierte 1898 als zweite Schwedin überhaupt. Ihre Dissertation handelte von Schwedens Beziehung zu Dänemark 1788-1789.
Sie gründete die erste Organisation für Studentinnen an der Universität Uppsala.
Da es nicht möglich war, als Frau Pastorin zu werden, unterrichtete sie Religion in Uppsala und forterte zeitlebens das Recht für Frauen auf geistliche Ämter.
Sie war 1902 eine der Mitbegründerinnen für den lokalen Verein für Frauenwahlrecht, welcher im darauffolgenden Jahr zur nationalen Gesellschaft für Frauenwahlrecht wurde. Lydia gehörte zu den führenden Persönlichkeiten und vertrat die Gesellschaft auch international, ihre Titel verhalfen der Bewegung dabei zu einer wissenschaftlichen Seriösität. Sie war allerdings auch offen konservativ, weswegen sie auch austrat, nachdem die Bewegung immer sozialdemokratischer wurde.
Lydia Wahlström war außerdem Schriftstellerin, sie schrieb historische Essays und größere Werke, politische Artikel und drei Romane, außerdem Werke mit spirituellem Schwerpunkt.
Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, wie königleiche Medaillen und eine Ehrenprofessur.

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Berta Waterstradt (geb. Wiener)

🎂 geboren: 09. August 1907 in Kattowitz, heutiges Polen
🪦 gestorben: 08. Mai 1990 in Ost-Berlin

Berta Waterstradt war die Tochter eines jüdischen Kaufmanns. Sie lernte den Beruf der Stenotypistin und lebte ab 1925 in Berlin. 1930 trat die dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller und im Jahr daruf der KPD bei. Sie schrieb für die Parteipresse, 1933 wurde sie kurzzeitig inhaftiert. Daraufhin emigrierte sie nach Großbritannien, kehrte ein Jahr später allerdings bereits wieder zurück, um im Untergrund Widerstand zu leisten. Ihre Ehe mit einem nichtjüdischen Schlosser rettete sie vor der Deportation. 1936 erfolgte eine erneute Verhaftung und Verurteilung zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus. Danach lebte sie weiterhin in Berlin und musste Zwangsarbeit in den Siemens-Werken leisten.
Nach dem zweiten Weltkrieg war sie nicht unerheblich am kulturellen Wiederaufbau beteiligt, unter Anderem als Dramaturgin beim Berliner Rundfunk. Ab 1954 war sie freiberuflich als Schriftstellerin tätig. Sie schrieb vor allem Hörspiele, deren Thema die humorvolle Verarbeitung von Alltagssituationen im Nachkriegsdeutschland war. Außerdem verfasste sie die Drehbücher für die beiden Filme „Kubinke“ und „Mathilde“, deren literarische Vorbilder jeweils Georg Hermann bzw. Theodor Fontane waren.

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Liselotte Welskopf-Henrich (geb. Elisabeth Charlotte Henrich)

🎂 geboren: 15. September 1901 in München
🪦 gestorben: 16. Juni 1979 in Garmisch-Partenkirchen

Liselotte Welskopf-Henrich wurde als Tochter eines Rechsanwalts und dessen Frau geboren. Ihre Familie zog 1907 nach Stuttgart, 1913 nach Berlin, wo sie 1921 ihr Abitur machte. Sie studierte Alte Geschichte, Ökonomie, Rechtswissenschaften und Philosophie an der heutigen Humboldt-Universität in Berlin. Sie promovierte 1925 und war von da an bis 1928 Betriebsstatistikerin, danach bis 1945 Referentin beim statistischen Reichsamt Berlin. Sie nahm ab 1938 am Widerstand gegen den Nationalsozialismus teil. Von 1944 bis 1945 versteckte sie ihren späteren Ehemann Rudolf Welskopf und half KZ-Häftlingen.
Nach dem Krieg blieb sie in Ost-Berlin. Sie war in Verwaltung und Wirtschaft tätig und trat 1946 der KPD bei, wodurch sie Mitglied der SED wurde. Obwohl sie Nationalökonomin war, wurde sie wissenschaftliche Aspirantin für Alte Geschichte. Sie habilitierte sich 1959 mit der Arbeit „Die Muße als Problem im Leben und Denken der Hellenen von Homer bis Aristoteles“ – die eigentliche Arbeit mit Zitaten von Marx, Lenin, Engels und Stalin wurde erst päter unter dem Titel „Die Produktionsverhältnisse im Alten Orient und der griechisch-römischen Antike“ veröffentlicht, nachdem sie sich bereits vom stalinistischen Standpunkt abgewandt hatte. Sie wurde zunächst Dozentin, dann Professorin für Alte Geschichte. 1964 wurde sie als erste Frau zum ordentlichen Mitgleid der Deutschen Akademie der Wissenschaften gewählt.
Nach ihrer Emeritierung leitete sie zwei Projekte mit ungewöhnlichem Ansatz: unter Einsatz ihrer eigenen Mittel versammelte sie Wissenschaftler*innen und Forscher*innen und organisierte vier bzw. sieben Bände umfassende wissenschaftliche Werke.
Sie war die Autorin wissenschaftlich fundierter Kinderbücher über Native Americans in der DDR – von welchen sie für ihre menschliche Darstellung den Titel „Lakota-Tashina“ (= Schutzdecke der Lakota) geehrt wurde.

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